8.2.2.8 Fazit

Hinsichtlich seiner Funktion ist der deutsche Konjunktiv in der indirekten Rede und in Bedingungsätzen ein halbwegs kohärentes System, allerdings gilt dies nicht, was die zu verwendenden Formen angeht. Verben, Konjunktionen, Redewendungen der Unsicherheit, Furcht, Angst, Hoffnung erzwingen im Deutschen nicht den Konjunktiv. Es gibt Beispiele, wo der Konjunktiv II in diesem Zusammenhang auftaucht, aber dies dürfte eher durch die Tatsache bedingt sein, dass seine Funktion Irrealität auszudrücken, auf andere Funktionen ausgedehnt wurde. Es gibt Beispiele, wo der Konjunktiv I Unsicherheit ausdrückt, aber generell hat er diese Funktion nicht. Der deutsche Konjunktiv ist also sowohl in Bezug auf seine Verwendung wie auch hinsichtlich seiner Bildung sehr instabil, das heißt, dass auch Menschen, die Deutsch als Muttersprache haben, ihn sehr unterschiedlich einsetzen.

Der französische subjonctif ist zwar nicht so schlüssig, wie das entsprechende Pendant der anderen romanischen Sprachen, bedingt wohl auch durch den langsamen Tod des subjonctif imparfait, ist aber ein stabiles System. Der französische subjonctif findet, in krassem Gegensatz zum Spanischen oder Italienischen, keine Verwendung bei Bedingungssätzen. Er wird aussschließlich verwendet im Zusammenhang mit Verben, Konjunktionen, Ausdrücken, die Hoffnung, Furcht, Unsicherheit ausdrücken. Der deutsche Konjunktiv beschreibt in seiner Grundfunktion, die dann erweitert wurde, irreale Ereignisse, Ereignisse, die nicht eingetreten sind. Beim deutschen Konjunktiv geht es primär um die Kennzeichnung von Realität / Irrealität. Der subjonctif beschreibt eine subjektive Haltung der Realität gegenüber. Im Ausdruck der Realität / Irrealität einerseits und der subjektiven Bewertung andererseits haben wir eine Schnittmenge. Es geht aber im Französischen eher darum, dass der Sprecher subjektiv einen Vorgang als real oder irreal einschätzt. Im Deutschen geht es aber primär um die Frage, ob der Vorgang objektiv real oder irreal ist.

Auch in einem Bedingungssatz wird die Realität nicht subjektiv bewertet, sondern lediglich auf die logischen Konsequenzen hingewiesen, die sich ergeben, je nachdem ob eine Bedingung real vorliegt oder nicht, die Einschätzung des Berichtenden der Realität gegenüber ist unerheblich, er stellt lediglich einen logischen Zusammenhang her. Das Deutsche verwendet in Bedingungssätzen den Konjunktiv, das Französische, in krassem Gegensatz zum Spanischen und Italienischen, den indicatif.



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