15.6.3 Unterschiede bei Konditionalsätzen

Im Folgenden wollen wir auf den Unterschied zwischen einem Konditionalsatz, der mit dem participe présent gebildet wurde und einem, der mit dem participe passé gebildet wurde, eingehen.

Es soll nochmal vor dem Versuch gewarnt werden, sich alles, was hier beschrieben wird, einzuprägen, das ist nicht Sinn der Übung. Es geht um eine Sensibilisierung für bestimmte Phänomene, weil dies die Chance erhöht, dass bestimmte Strukturen ins "Unbewusste" hinabgleiten und so intuitiv erfasst werden. Sie werden alle diese Dinge irgendwann automatisch richtig machen, wenn Sie für die Phänomene sensibilisiert sind. Es geht hier um das "hoppla da war doch was", wenn Sie diese Strukturen lesen oder hören, nicht um die aktive Beherrschung. Die aktive Beherrschung, sprechend, schreibend, kommt mit der Zeit automatisch, wenn die Strukturen passiv erkannt werden.

Um zu erklären, was wir sagen sollen, konstruieren wir mit deutschen Hilfskonstruktionen, das heißt mit Konstruktionen, die verständlich sind und mit der französischen Konstruktion deckungsgleich sind, im Deutschen aber grammatikalisch falsch sind. Rein theoretisch könnte man auch im Deutschen einen Konditionalsatz sowohl mit einem Partizip Präsens, wie auch mit einem Partizip Perfekt konstruieren.

Beispiele  
Konstruktion mit einem Partizip Präsens  
Mehr arbeitend, werden wir schneller fertig.
Travaillant plus, nous pourrons terminer plus vite.
Konstruktion mit einem Partizip Perfekt
Gut gepflegt, läuft er noch 100 Jahre.
Bien soigné, il marchera encore 100 ans.

Wer ein bisschen nachdenkt stellt fest, dass das Partizip Präsens und Partizip Perfekt nicht gegeneinander substituiert werden können. Tut man es, wird der Satz nicht nur grammatikalisch falsch, was er ohnehin schon ist, sondern auch unverständlich.

Mehr gearbeitet, werden wir schneller fertig.
Gut pflegend, läuft er noch 100 Jahre.

Wenn jetzt jemand immer noch der Meinung ist, dass das keinen großen Unterschied macht, dann werden wir uns jetzt einig.

Der gekochte Mann und der kochende Mann ist nicht dasselbe.

Das Partizip Perfekt ist eine Passivform, das Subjekt dieses Passivs ist das Ziel der durch das Verb im Partizip Perfekt beschriebenen Handlung, nicht aber der Ausführende.

In einem Satz wie

Gut gepflegt, läuft er noch 100 Jahre

muss es jemanden geben, der pflegt, weil das beschriebene Ding ja lediglich gepflegt wird. Was will uns der Dichter mit seinem Werk sagen? Er will sagen, dass es ihm Hinblick auf den Konditionalsatz selbst, der ja die wechselseitige Beziehung zweier Handlungen beschreibt, es gar keinen Unterschied macht, ob mit einem Partizip Perfekt oder einem Partizip Präsens konstruiert wird. Beide Male wird eine Situation beschrieben, bei der das Vorliegen oder Nichtvorliegen einer Bedingung eine andere Handlung bedingt. Der Unterschied besteht lediglich darin, ob die Bedingung im Passiv oder im Aktiv beschrieben wird.

Mit beiden Varianten kann man auch alle drei Typen von Bedingungssätzen bilden, den Realis der Gegenwart, den Irrealis der Gegenwart und den Irrealis der Vergangenheit.



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